Make yourself at home

Fotografie, digital

Serie, unabgeschlossen

Mehrfach habe ich in sogenannten Sozialkaufhäusern fotografiert, in denen sich Menschen mit zumeist sehr geringem Einkommen, Studenten, “Arbeitslose”, “Sozialhilfeempfänger”, “Niedriglohner”, “Flüchtlinge”, aber auch “Hipster” mit Dingen eindecken, die für Wohnlichkeit sorgen sollen.
Die wohl eher wenig hinterfragte Form des Einrichtens und Arrangierens, aber auch die Anhäufung und Verwilderung von Haushaltsdingen wird durch die Mitarbeiter dieser Kaufhallen auf eine gewisse Art vor - oder eben nachgebildet. Dies geschieht auf eine eigentümliche Weise, die zugleich schauderhafte als auch liebevolle Impulse zeigt. Die Ensembles zeugen von einer “Wohnkultur”, die in mir Gefühle traurigster Unbehaustheit hervorrufen - und die doch eigentlich das Gegenteil wollen: Das Bedürfnis nach einem angenehmen Ort des Wohnens erfüllen - in allem Ungemach. Hervorgebracht wird diese Wohn-Ästhetik von einer Einrichtungsindustrie, für deren Produkte sich Menschen zwar abmühen, diese aber oft nicht lange bei sich behalten. Schnelle Produktion, schlechte Qualität, kurzes Leben. Bei Wohnungsauflösungen werden den Möbelhallen diese Dinge kostenlos überlassen. Denn diese Produkte sind anspruchslose Massenware, aus Resten und Chemiekalien zusammengepresste Nachahmungen von Material und Oberfläche, kurzlebige Täuschungen. Sie sind, in vielen Fällen und von Anfang an: Schrott. Was bildet sich in diesen Dingen und Prozessen alles ab? Was bieten sie? Eine schnell bezahlbare, anspruchlose Imitation vom guten Leben. Ein Leben auf einer mehr oder weniger freundlich eingerichteten Halde. Was macht das schon, könnte man fragen. Wenn Liebe im Haus wohnt, ist doch alles gut - und selbst wenn da nur Kummer wäre, an den Objekten selbst soll es nicht liegen. Und doch scheint es so, als wären die Worte des Apostels eben auch hier am richtigen Platz: Fortan sollen auch die, die diese Welt gebrauchen, so sein, als brauchten sie sie nicht. Denn das Wesen dieser Welt vergeht.
(Brief des Paulus an die Korinther Kapitel 7, 31)