fatgate

C-Print

2012

gerahmt, 40cm x 55cm

Das, worüber die Gnosis spricht, ist deshalb so unerhört, weil wir, nachdem der schwere Vorhang hinter uns zuschlägt, in völliger Vergessenheit, nicht einmal diesen noch zu erkennen vermögen.

Als ich am Nachmittag auf Umwegen durch das Viertel lief, fiel mein Blick plötzlich auf jenes Tor. Noch nie war es mir aufgefallen. Es blieb, auch nachdem ich danach mehrmals im Laufe eines Jahres daran vorbei gegangen war, stets geschlossen. Jemand hatte es mit Fett eingerieben. 

Bekam das Tor diese Behandlung, damit niemand darauf etwas anbringen oder schreiben kann? Oder ist es eine Verschmutzung, die aus Böswilligkeit aufgeschmiert wurde? Dann hätte der Eigentümer sicherlich nach kurzer Zeit gereinigt. Ist das Fett ein Korrosionsschutz? Dazu nimmt man gewöhnlich Farbe. Hatte der Besitzer eine große Menge Fett vorrätig und hat sich die Farbe gespart? In diesem Fall hätte er aber bestimmt das ganze Tor eingefettet. Benutzbar wäre das Tor dann aber auch nicht, man würde sich stets mit Fett beschmieren. Es scheint nur eine Attrappe zu sein, ein Tor, welches einen Eingang, nur vortäuscht. Denn weder Schloß noch Riegel, keine Klingel und kein Namen-Schild waren zu sehen.

Ich beobachtete, wie das Fett im Lauf der Monate seine Farbe veränderte. Zuerst hatte es einen sesamfarbenen, bernsteinklaren Ton, dann trüber werdend, milchbraun, bald sprödes Ockergrau,irgendwann rotausfallend wie Blutkruste. 

Ich habe niemanden auf der Straße getroffen, der hätte sagen können, wer in diesem Haus wohnt. Menschen, die im Stadtteil lebten, kannten, auf mein Fragen hin, das "Fettige Tor" ja gar nicht. Niemand konnte mir, bis auf diesen Tag, erklären, welche Bewandtnis es damit haben könnte. Ja es wäre fast schade, jetzt noch eine Erklärung zu bekommen, die schließlich auch noch ganz simpel und langweilig wäre.

Wenn ich jetzt wieder hinlaufen würde, wäre das Fett vielleicht verschwunden, vielleicht auch das Tor selber. Vielleicht finde ich sogar diesen Ort nicht mehr wieder.