In einigen Übersetzungen des taoistischen Werkes Daodesching von Meister Lao taucht der Begriff des unbehauenen Holzklotzes auf (Knospe und Brändli, 1985). Der Begriff meint das Nichtbegehren, eine Eigenschaft, die den alten Meistern zugeschrieben wird. Diese Metapher deutet hin auf den nicht zur Durchsetzung gelangten Willen, auf die Zurückhaltung des Eingreifens. In der Realisierung, also der Materialisierung einer Idee zeigt sich zugleich die Reduzierung der Potenz auf ein einzelnes Wollen, auf ein festgestelltes und vergängliches Moment. Der Holzklotz, welcher kein Baum mehr ist, befindet sich nicht mehr im Ganzen der Natur. Aber, wie es im Taoismus heißt, noch immer im Weg des „Himmels“.
Er ist still und die Welt hat Ruhe, er ist kein fertiges, in Form gebrachtes, sich selbst meinendes Ding.
Er ist abgetrennt und dadurch wahrnehmbar, aber noch unbehauen und unbeschrieben, sichtbar, aber noch im freien Zustand eines kleinen Kindes. Als Metapher beschreibt dieser Gedanke eine Universalie, die sich nur als Bild vermittelt.
Wie sind die hölzernen Klötze, an die man dabei denken könnte oder denken müsste, beschaffen?
Wie sehen die konkreten Vertreter dieser Metapher aus? Mit dieser fortlaufenden Sammlung richtet sich der Blick auf die unzähligen, tatsächlich existierenden Holzklötze, die überall im Weltzusammenhang ihr Dasein fristen und die durch den hier unternommenen, animierenden Blick selbst Individuen zu werden scheinen. Aus dieser Betrachtung, die der Künstler wiederum als Metapher einsetzt, entsteht vielleicht eine Umkehrung, bei der es darum gehen könnte, rückübersetzt das konkrete menschliche Leben zu betrachten, welches von hohen Sinnbildern geleitet werden möchte oder, und das ist wohl realistischer, an ihnen zu oft scheitert und ähnlich zugerichtet wirkt wie die hilflosen und vergehenden Klötze selbst. - R.P.