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Intervention im Historischen Grünen Gewölbe Dresden

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Für 4 Monate präsentierte der sogenannte "Mohr mit Smaragdstufe" aus dem Historischen Grünen Gewölbe etwas anderes auf seinem Tablett als die bekannten und wertgeschätzt Smaragdestufe.

Es waren unscheinbare, winzige Kristalle, die, chemisch gesehen, zwar Mineralien sind, aber als solche keine Anerkennung finden. Denn sie sind nicht, wie es die naturwissenschaftliche Definition will, auf "natürliche", geologische Weise entstanden: Sie verdanken ihr Dasein menschlichen Aktivitäten.2017 haben Mineralogen eine Liste dieser "Neuen Mineralien" veröffentlicht, die verdeutlicht, wie sich die Folgen menschlichen Tuns sogar in das geologische Grundgerüst der Erde einschreiben. Die Substanzen könnten nach Millionen von Jahren noch von einem Menschenzeitalter zeugen, so wie die "natürliche" – allerdings ebenfalls manipulierte - Smaragdstufe von ihrer geologischen Epoche.

Die Begriffe sind erneut problematisch: "Natur" und "Kultur" vermengen sich.

Aus postkolonialer Perspektive ist die Provenienz der originalen Smaragdstufe aus kolumbianischen Smaragdminen, die während spanischer Eroberungskriege um 1537 erschlossen wurden, problematisch. Diese Frage verbindet sich absichtsvoll mit dem "Mohren", der Trägerfigur, die nicht nur aufgrund ihrer rassistischen Betitelung, sondern vor allem aufgrund rätselhafter Unstimmigkeiten zu einem viel diskutierten Untersuchungsgegenstand der zeitgenössischen Ethnologie geworden ist. Sie scheint aus einem Potpourri von Merkmalen angelegt worden zu sein, die aus europäischer Perspektive als „fremd“ und „exotisch“ galten: dunkle Hautfarbe, afroamerikanisch gelesene Physiognomie, Tätowierungen sowie Schmuckstücke, die hingegen Indigenen Südamerikas zugeschrieben wurden. Geradezu eklektizistisch kulminieren diese transkontinentalen Merkmale in einer Figur, die so zur Typenfigur der „Andersartigkeit“ in der Sammlung eines europäischen Fürsten wird. Das Exponat ist von kolonialherrschaftlichen Mechanismen durchdrungen – die Trägerfigur, wie auch die Smaragdstufe.

 

Anhand der Geschichten die uns die "Neuen Mineralien" im Zusammenhang mit der Geschichte der Figur und der Smaragde erzählen, könnte sich ein veränderter Blick auf das Objekt, die Sammlung und auf unser Selbstverständnis als Erdbewohner einstellen.

 

Mit seinem künstlerischen Eingriff, der Auslage winzig kleiner Kristalle, legt Bertram Haude gezielt den Finger in die Wunde, denn er versieht das Exponat noch mit einer weiteren kolonialen Ebene: der geologischen – sind die anthropogenen Mineralien doch die Produkte globaler, geologischer Kolonialisierung. Erstmals in der Geschichte des Exponats werden postkoloniale Fragestellungen nicht über ethnologische Zugänge – mit Blick auf die Figur – anvisiert, sondern über geopolitische – mit Blick auf das mineralische und mineralische „Rohmaterial“.

Bertram Haude und Kerstin Flasche

 

 

Das Projekt wurde gefördert von:

Andrea von Braun Stiftung München

Staatsministerium des Innern / Kulturstiftung des FreistaatesSachsen und Sächsisches

über Europäisches Kulturerbejahr 2018