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Handtuch

Der Vorschlag für den Kunstpreis der Erzdiözese Freiburg mit dem Arbeitstitel „weiße Handtücher“ sah folgendermaßen aus:

 

a) Die Erzdiözese Freiburg bittet Pabst Benedikt XVI. um zwei Handtücher (weiß und ungewaschen), 

an welchen er sich die Hände getrocknet hat.

 

b) Diese Handtücher werden in den zum Museum gehörenden Sanitärräumen an den Waschbecken zur Benutzung aufgehängt. Es gibt dort keine extra Hinweise auf diese Arbeit. Ihre Wahrnehmung soll sich vielmehr auch in jenem Zwischenraum von Wissen und Nicht-Wissen/später hören was man berührte/weitersagen etc. abspielen. Die Kenntnisnahme der Arbeit soll über Begleittexte/Raumpläne/Veröffentlichungen/Katalog erfolgen.

 

c) Nach der Ausstellung werden die Handtücher in flachen Schaukästen hinter Glas gerahmt. 

Dokumentarfotos vom Benutzen des Handtuches als Teil der Arbeit.

 

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Die Besucher einer Kunstausstellung erleben eine definierte Trennlinie zwischen Außen=Nichtkunst und Innen=Kunst. Diese Konstellation besteht ganz ähnlich in jener religiösen Verhältnismäßigkeit von Außen=Unheilig und Innen=Heilig. Ebensolche Trennungen ergeben sich an ein und demselben Gegenstand, welcher profan oder heilig ist/sein kann.

 

Durch meine Arbeit soll gerade auf jenes Verhältnis eingegangen werden: So wie die Definition von Gegenständen der Kunst durch einen ganz bestimmten Konstruktionsprozeß sich einstellt, so auch der des heiligen Gegenstandes oder einer heiligen Sache bzw. Person. Gewisse Bedingungen und Codes, Diskurse und Bezugnahmen müssen gegeben sein, um dem Glauben den rechten Glaubensgegenstand anzubieten, mit dessen Hilfe Glaube mehr oder weniger erst gelebt werden kann. In einer Zeit, in der es Menschen gibt, die nach eigener Aussage an die Kunst als solche glauben, widerfährt dem Kunstwerk aus dieser „Gläubigkeit“ heraus eine ähnliche Form der Verehrung, wie sie dem Heiligen zugedacht war. So wie das Heilige Sehnsüchte, Wünsche und Bekenntnisse über eine mehr oder weniger institutionalisierte Form auf sich zieht, so auch die Kunst. Diese beiden, sich so sehr ähnelnden Formen will die vorgeschlagene Arbeit folienhaft übereinander halten. 

 

Nimmt man den Gegenstand (den heiligen Gegenstand, das Bild, das Kunstwerk - oft fallen diese Formen ja schon ineinander!), der sowohl im religiösen wie heute auch im künstlerischen Bereich grundsätzlich alles sein kann, aus seinem Kontext heraus, dann ist er wieder nur, zum Beispiel ein Handtuch. Aber das Wissen um seinen Kontext, bzw. der Glaube an die Wahrhaftigkeit und Heiligkeit des Kontextes, der geistige Raum, dessen Sinn und "Echtheit" nur implizit funktionieren, rückversetzen das Verständnis eines profanen Gegenstandes in jenen besonderen, übersinnlichen Raum, an welchem man teilhaftig werden kann und welcher das Heilige heißt. 

 

Die Absicht meines Vorschlages beruht auch auf dem Doppelverhältnis, daß uns „das Heilige“ möglicherweise an einer Stelle erwartet, die als solche nicht vordefiniert ist, wo wir unsere Aufmerksamkeit nicht mehr auf „Heiliges“ hin ausrichten, und zweitens darin, daß wir wohl oft mit dem Heiligen in Berührung kommen, ohne es zu wissen. Letzteres, nämlich zu wissen oder nicht zu wissen, wessen Handtuch berührt wird, und was man damit persönlich verbindet, was man dann glaubt (seine Kleider berühren / Markus 5), entscheidet über unsere Beobachtung und unsere Wahrnehmung, bzw. zeigt WIRKUNG.

 

Daran schließt sich die Frage nach dem Heiligen selbst an: Ist das Handtuch heilig? Es sind ja oft die Dinge, die Kontakt mit Heiligen/m hatten, welche letzlich zur Verehrung als heilige Dinge gelangen, denn ihnen wird ursprungsverbundene Wirkweise zugesprochen. In diesem Sinne dürfte es nicht ausgeschlossen sein, daß das Handtuch auch in jenem Sinne Wirkung hervorrufen könnte, selbst dann, wenn der Besucher/die Besucherin nicht erfahren hat, was für ein Handtuch er/sie da benutzt hat. 

 

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