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Die Entenrepublik Gamsenteich

Nach dreimonatigen entologischen Forschungs- und Vorbereitungsarbeiten konnte der interessierte Besucher des Gamsenteiches in Neustadt/Orla in Thüringen einige Veränderungen am Teich bestaunen. Nachdem wir uns einige Zeit, angeregt durch zufällige Beobachtungen, mit der dortigen Stockentenpopulation auseinandergesetzt hatten, war für uns klar: diese besondere Form staatlicher Organisiertheit im Tierreich muss der menschlichen Öffentlichkeit vorgestellt werden! In nicht immer einfacher Kooperation mit den BewohnernInnen der Entenrepublik gelang es uns, Grundzüge und besondere Merkmale dieser Gesellschaftsform ansatzweise zu beschreiben. Durch sachkundige Führungen konnten Besucher und Anwohner einen ersten Einblick in das Leben der Entenrepublik gewinnen. Inhalte der Führungen waren: Struktur der gesellschaftlicher Organisiertheit, Geschichte sowie Ideengeschichte der kleinen Republik, die Organisation des Gemeinwesens und des sozialen Lebens, Wirtschaftskreisläufe als auch menschliches Verhalten am Teich bzw. Interaktionen.

Kleine An- und Aufbauten verdeutlichten optisch einige Einrichtungen des kleinen Entenstaates.

Dazu gehörten: Schautafel, Parlament mit Flagge, Entendenkmal, Gerichtshäuschen, Daunenlager, Brutstättensiedlung, Touristentribüne und archäologische Stätte mit Kultplatz.

 

Können wir von einer demokratischen Gesellschaftsform in der Entenrepublik Gamsenteich sprechen?

Diese Frage stellten wir uns, und sie könnte eigentlich mit ja beantwortet werden, wenn man die Verfassung einsieht, welche leider bisher nur in kurzen Auszügen übersetzt wurde. Der gleiche Eindruck entsteht, wenn man Parlament, Gerichtshäuschen, Gründerdenkmal und historische Fakten betrachtet hat. Viele Verhaltensweisen der Tiere könnten aber auch einen Gegenbeweis anführen.

 

Die Untersuchungen wurden weitergeführt. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universität Leipzig entstand ein Buch über Demokratie und Gemeinschaft.

 

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Die Arbeit "Entenrepublik Gamsenteich" wurde entwickelt auf Einladung des Ausstellungsprojektes "Demokratie als Prozeß"

Ausstellungszeitraum: Mitte Mai - Anfang Juni 2003

 

Kuratorinnen: Lilian Engelmann, Vera Lauf

 

Künstler/Innen: Bettina Francke, Stephanie Kiwitt, Angela Köntje, Jana Müller, Uli Gebert, Sven Johne, Bertram Haude, Jens Volz

 

Zur Ausstellung erschien ein Katalog.

 

Kurzdarstellung: Demokratie als Prozeß

Gegenwärtige Phänomene, die unter dem Begriff Globalisierung zusammengefaßt werden, sind aktuelle und kontrovers diskutierte Themen in unserer Gesellschaft. Dabei zeigt sich, daß vor allem die Probleme, die durch den Umgang der westlichen Welt mit den "Anderen" entstehen, eine Erörterung finden. Seit Naomi Klein ist uns bekannt, was der Sportartikelhersteller Nike unter zusammenwachsenden Märkten versteht, und Gruppen wie Attac, weisen auf diejenigen hin, die die Benachteiligten einer nur nach wirtschaftlichen Interessen ausgerichteten Gesellschaft sind. Globalisierungskritiker benennen vor allem die Diskrepanz, die sich äußert, wenn festgelegte Werte und Normen unserer Gesellschaft (wie soziale Gleichheit und Mitbestimmung) bei der Partizipation mit anderen Gesellschaften (zum eigenen Vorteil) scheinbar außer Kraft gesetzt werden. Dabei wird durch den Blick nach "außen" das eigene "Innere" oft vergessen. Die Frage danach, wie etabliert und akzeptiert die Werte wie Demokratie, Toleranz und Mitbestimmung in unserer eigenen Gesellschaft sind, wird innerhalb dieser Diskurse meist nicht thematisiert.

 

Die Ausstellung "Demokratie als Prozeß" will diese Fragen an konkreten Orten (in zwei Kleinstädten in Ostthüringen, Neustadt an der Orla/ Triptis) anhand der dort vorzufindenden inneren Strukturen einer Gesellschaft thematisieren. Phänomene wie Lokalisierung und die Besinnung auf scheinbar traditionelle Werte und Normen, die sich auch durch Ausgrenzung, Geschichtsrevisionismus oder Rechtsextremismus äußern, scheinen sich als ein Abwehrmechanismus gegen eine als global agierenden Welt zu formieren.

 

Dem Bundesverfassungsbericht der letzten Jahre zufolge, ist Ostthüringen die Region, in der sich die Zentren antidemokratischen Verhaltens und Denkens (zumeist Rechtsextremismus) befinden. In den beiden Kleinstädten konnten sich sogenannte „national befreite Zonen“ und verschiedene rechtsorientierte Gruppierungen unter Tolerierung der Bewohner etablieren.

 

Das Ausstellungsprojekt plant, künstlerische Arbeiten, die sich mit den subtileren Ausdrucksformen antidemokratischen Verhaltens beschäftigen, im "öffentlichen" Raum zu präsentieren. Hinter Formen des Umgangs im Alltag, einem bestimmten Sprachgebrauch und der Propagierung bestimmter Leitbilder verstecken sich häufig Denkstrukturen, die Auswirkungen bis hin zur tatsächlichen Ausgrenzung "Anders-Denkender" haben können. Die Ausstellung will damit eine Auseinandersetzung mit den Strukturen innerhalb eines demokratischen Systems in den Mittelpunkt rücken, die mögliche Ausgangspunkte für sich formierende und tolerierte antidemokratische Tendenzen darstellen.

 

Darüber hinaus möchte das Ausstellungsprojekt auch eine Plattform dafür bieten, sich mit der sozialen Rolle der Kunst zu beschäftigen und will die Möglichkeiten und Grenzen der Intervention durch Kunst im "öffentlichen" Raum thematisieren.

 

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